Die Macht der Moral im 21. Jahrhundert by Höffe Otfried

Die Macht der Moral im 21. Jahrhundert by Höffe Otfried

Autor:Höffe, Otfried
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783406660023
Herausgeber: C.H.Beck


Zwei Modelle sozialer Marktwirtschaft

Daß ein berühmter Kollege für Wettbewerb plädiert, der Inhaber des Glasgower Lehrstuhls für Moralphilosophie, Adam Smith, ist bekannt. Innerhalb einer Weltrechts- und Weltfriedensordnung fordert aber auch Immanuel Kant einen starken Wettstreit, auf daß die Kreativkräfte der Menschen nicht einschlafen. Die dahinter stehende These von den segensreichen Wirkungen des Wettbewerbs innerhalb von Staaten und zwischen ihnen bildet heute den Kern einer Neuen Wirtschaftsgeschichte («New Economic History»). Die These wird als eine wissenschaftliche Hypothese verstanden, die an geschichtlichen Fallstudien, etwa zum Aufstieg und Niedergang von Staaten überprüft – und bestätigt wird. Untersuchungen zum Aufstieg etwa von Sumer, Phönizien und Griechenland, der Niederlande und von England in der industriellen Revolution zeigen, daß der Wettbewerb für Erneuerung und Wachstum und mit ihnen für Wohlstand sorgt, während das Streben nach Sicherheit sie unterminiert.

Auch wenn man aus freiheitsfunktionalen Gründen eine soziale Marktwirtschaft verlangt, bleibt ein relativ weites Spektrum legitimer Möglichkeiten offen. Idealtypisch gibt es zwei Modelle, die im Rahmen des gemeinsamen Obermodells, der sozialen Marktwirtschaft, zwei konkurrierende Akzente setzen: Mit relativ geringen Sozialansprüchen, also einem geringeren Sicherheitsdenken zufrieden, erreicht das «US-amerikanische Modell» durch sein höheres Maß an Unternehmensgeist und Wettbewerb raschere Innovationen, überdies, durch das Steuerrecht unterstützt, ein großzügiges Mäzenatentum. Allerdings wachsen auch die Einkommens- und Vermögensunterschiede. Mit einem stärkeren Akzent auf das Soziale verbindet das «kontinental-europäische Modell» weit höhere Sozialansprüche mit einem deutlich geringeren Spielraum für Wettbewerb und Unternehmensgeist. Die Folge sind geringere Einkommens- und Vermögensunterschiede, aber auch langsamere Innovationen, häufig höhere Arbeitslosigkeit und ein schwächeres Mäzenatentum. Erstaunlicherweise fällt auch die ökonomisch-soziale Mobilität, das heißt die Chance, vom unteren Einkommensfünftel ins mittlere, sogar das oberste Fünftel aufzusteigen, deutlich geringer als in den USA aus.

Fünfte These: Der «Systemvergleich» bestärkt das aufgeklärte Sicherheitsdenken in seiner Skepsis gegen zu hohe Sicherheit. Selbst der Gedanke der Chancengleichheit plädiert, wenn er auf die soziale Mobilität in den USA achtet, für mehr Eigenverantwortung.



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